Berlin 2015

Berlin 2015

Männer!

Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört.

Das sagte Willy Brandt vor 25 Jahren und 6 Wochen vor dem Rathaus einer Stadt, die es nicht mehr gibt. Zehn Monate vorher hatte die Altherrenwanderung in einem Land stattgefunden, das es nicht mehr gibt. Damals reisten einige von uns mit einem Transit-visum über Westberlin nach Berlinhauptstadtderddr, wir feierten abends im Diplomatenviertel in Niederschönhausen mit einer Handvoll der anderen Deutschen, fuhren mit prähistorischen Schienenfahrzeugen in den östlichsten Winkel der Stadt, wanderten durch die Müggelberge und ließen uns am nächsten Tag am Museum unter den Linden, im Schatten des unerreichbaren Brandenburger Tors, von Männern in seltsamen Mänteln beim Stadtangucken filmen.

Genau 26 Jahre nach der Wanderung im Land hinter der Mauer und gut 25 Jahre nach dem Mauerfall seid Ihr aufgerufen, in die Fußstapfen der metaphorischen Rede von Willy Brandt zu treten und zu überprüfen, was daran wahr ist. Ist Berlin zusammen-gewachsen? Nach der Gratwanderung entlang der Gipfel der französisch-schweizerischen Berge folgt die Nahtwanderung entlang der Grenznarbe der deutsch-deutschen Teilung, eine Stadtwanderung auf dem Mauerstreifen vom Herzen der Hauptstadt über die trendigen Großstädterspielplätze der Mauerparks und die renovierten Villen Niederschönhausens bis an die provinzielle Peripherie der Hauptstadt. Es ist ein Weg zu Schauplätzen der deutschen Geschichte, auch der Geschichte der Altherrenwanderung – und nicht zuletzt meiner Geschichte.

Christina und ich haben dieses Jahr entschieden, in Berlin zu bleiben und hier in der Gemeinde zu leben und zu arbeiten. Erst mit dieser Entscheidung ist der Kiez um die Sophienkirche wirklich so etwas wie meine Heimat geworden. Ich möchte sie euch gerne zeigen (und dir, Pater Regel! Die witzig gemeinten Worte, mit denen du mir in der Quarta das Jugendbuch mit dem Titel „Heimatlos“ überreichtest, sind unvergessen…).

Die DDR ist untergegangen. Die Mauer ist geschliffen. Auch das Vinzenz-Pallotti-Kolleg hat sich aufgelöst. Die Patres sterben aus. Tempora mutantur, nos et mutamur in illis. – Wir sind noch da. Alle bald fünfzig. Und das ist gut so. Man ahnt jetzt, was zusammen gehört. Was zu einem gehört, ist viel weniger, als man früher einmal geträumt hat. Nach all den Erfahrungen, nach Bildung und Bindung, Karriereschrittchen und Krisen ist es schön zu spüren, dass die Phantomschmerzen der Jugend vorbei sind und die echten Schmerzen des Alters noch nicht da. Aber ich werde das Gefühl nicht los, dass das Bisherige nur die Raupenphase der Existenz war, dass dieses kleinschrittige Durchfuttern durch die Zeit, dieses Blatt um Blatt Abnagen samt Kind und Kegel im Nest zwischen Baum und Borke, dieses von Ast zu Ästchen Weiterwurmen, dass das aufhören wird und dass danach eine Phase kommt von großer Stille und Einkehr – und dann

etwas völlig Neues.

Aber genug von Ahnungen… – Männer: Lasst uns zusammen wandern und wachsen!

Macht euch auf den Weg in die Stadt der großen Metamorphose. Diesmal gibt’s keine Durchhalteparolen, diesmal gibt’s nur Verlockungen. Gutes. Wahres. Schönes. Schweres.

Dazu Getränke und was zu Knabbern. – Kommt, denn es ist alles bereitet!

P.S. Euch allen frohe Weihnachtstage! – Ich mag Weihnachten. Aber ich freue mich mehr auf die Altherrenwanderung. Ist weniger komplex.

 

Das Programm

FREITAG, 30.01.
Ab 19.00 Uhr Eintrudeln in Clärchens Ballhaus, Auguststraße 24, 10117 Berlin.

Sich sehen, sich in die Arme fallen, sich erzählen, sich stärken, sich wohlfühlen.

Ab 22.00 Uhr Feuerzangenbowle und Zigarren (& bei Bedarf Berliner Hausmannskost) im Anna Koschke, Krausnickstraße 11, 10115 Berlin. Trinken, rauchen, absacken.


SAMSTAG, 31.01.

Ab 9.00 Uhr Frühstücken (Lokal noch unbestimmt)

Spaziergang durchs Brandenburger Tor zum Warmwerden. Wanderung über Reichstag, BND, Gedenkstätte Bernauer Straße, Mauerpark, ehem. Grenzübergang Bornholmer Straße, Wollankstraße, Kinderbauernhof Pinke-Panke, Sowjetisches Ehrenmal Schön-holzer Heide, Mutter Bammel, Schloss Schönhausen, Rosenthal (mit Blick auf das Märkische Viertel), Checkpoint Qualitz, Tegeler Fließ, Angerdorf Lübars.

Ca. 19.00 Uhr Einkehr im Gasthof Alt Lübars, 13469 Berlin-Reinickendorf. Essen und Trinken in Fülle. Rückfahrt mit ÖPNV, Gelegenheit zur trad. Fahrgastbelästigung.

Ca. 23.00 Uhr evtl. Absacker im Keyser Soze. Tucholskystraße/Ecke Auguststraße oder im Schmittz, Torstraße/Ecke Gormannstraße, beide in der Nachbarschaft in Mitte.


SONNTAG, 01.02.
Ab 9.00 Uhr Frühstücken bei Bammels, Sophienstraße 3 (am Hackeschen Markt).

Ab 11.00 Uhr allgemeines Verabschieden, Gelegenheit zur Besteigung des Kirchturms der Sophienkirche, zum Museums- und Ausstellungsbesuch oder zum stadtkundlichen Kiezrundgang (Auguststraße, Tacheles, Postfuhramt, Neue Synagoge, Monbijou, etc.). Oder weiter Absacken.

Die Unterkünfte
Die Unterkunft ist jeweils selbst zu organisieren; viele von euch werden irgendwo in Berlin Freunde mit Schlafgelegenheiten haben, einige Matratzen liegen auch bei mir, Klaus und Thomas bereit. Ein gutes Dutzend Betten sind auch vorgemerkt unter meinem Namen und zu buchen in der Pension Sophienhof, Sophienstraße 19, 10178 Berlin, Tel. 28 49 77 77, http://www.sophienhof-berlin.de (ab 35,00 Euro; bei mir gegenüber).

Und eine große Auswahl von Betten in allen Preisklassen gibt es in den Hotels in der Nachbarschaft, zum Beispiel Hotel Mani (DZ ab 77,00), Hotel Amano (DZ ab 65,00), Motel One Berlin-Alexanderplatz (EZ ab 49,00), Casa Camper Berlin (DZ ab 177,00), etc.

Meldet euch, wenn ihr euch entschieden habt zu kommen!


Die Organisatoren
Klaus Bobisch
Karsten Bammel